Junge Mitarbeitende binden (Gen-Z-Retention)

Junge Mitarbeitende binden (Gen-Z-Retention) | NADJA HENRICH

Junge Menschen der Generation Z anzusprechen und für das eigene Unternehmen zu gewinnen ist das eine. Diese jungen Mitarbeitenden zu binden, ihr Commitment dauerhaft zu stärken das andere. Gerade hierfür ist es wichtig, Wertvorstellungen und Erwartungen genau zu kennen und als Unternehmen entsprechende Angebote zu entwickeln. Schließlich gilt die jüngste Mitarbeitergeneration als besonders wechselwillig. Nach meinem letzten Beitrag zum Gen-Z-Recruiting möchte ich in diesem Praxistipp den Fokus darauf richten, wie ein gelungenes Onboarding und ein dauerhaftes Empowerment für diese Zielgruppe aussehen können.

Lesedauer: 4 Minuten

Wir alle haben eine bestimmte Vorstellung davon, was ein Unternehmen zu einem attraktiven Arbeitgeber macht. Sei es in Bezug auf Arbeitsbedingungen, Arbeitgeberleistungen, Incentives oder kulturelle Aspekte. Wie Untersuchungen immer wieder zeigen, setzen Arbeitsmarktteilnehmende aus unterschiedlichen Alterskohorten dabei auch unterschiedliche Schwerpunkte.

Was der Generation Z wichtig ist und wie man sie anspricht, habe ich in meinem letzten Praxistipp ausführlich dargestellt. Doch selbstverständlich spielen deren Erwartungshaltungen nicht nur für die Suche eine wichtige Rolle. Ein Unternehmen ist erst dann nachhaltig erfolgreich im Recruiting, wenn es ihm gelingt, (junge) Mitarbeitende in die Organisation zu integrieren, deren Empowerment zu fördern, sie zu begeistern und somit dauerhaft zu binden. Ein paar vereinzelte Perlen machen schließlich noch längst keine Kette.

 

Nach der Personalauswahl ist schon mitten im Onboarding

Wenn es Ihnen gelungen ist, passende Kandidat:innen anzusprechen und auszuwählen, ist bereits ein wichtiger Meilenstein erreicht. Doch die Candidate Journey ist damit nicht abgeschlossen. Das ist überaus wichtig zu verstehen, denn gutes Onboarding ist von größter Bedeutung für die Bindung von Mitarbeitenden.

Gerade nach der Bewerbungsphase werden viele Fehler gemacht. Die Führungskräfte kümmern sich zu wenig um die Neuen, der Personalbereich nimmt eine zu passive Rolle bei der Integration ein oder neue Mitarbeitende werden zu wenig ins Team und in bestehende Abläufe integriert. In der Anfangszeit ist die Fluktuation deshalb besonders hoch, wie unterschiedliche Studien zeigen. Das gilt in besonderem Maß für Mitglieder der Generation Z. Denn hier liegt sie noch höher als in anderen Mitarbeitergenerationen.

Es gilt eine einfache Regel: Wer sich wohlfühlt, der bleibt. Doch wie schafft man es, junge Mitarbeitende zu binden und langfristig zu begeistern?

 

Ein guter Onboarding-Prozess erstreckt sich über Monate

Eine erste Antwort lautet: Die Bemühungen um Kandidat:innen nach der Vertragsunterzeichnung nicht zu reduzieren, sondern weiterhin hochzuhalten und ggf. auszubauen. Ein guter Onboarding-Prozess sorgt dafür, dass neue Mitarbeitende und Führungskräfte schon weit vor dem ersten Arbeitstag an die Hand genommen und über lange Zeit begleitet werden. Die Einarbeitung erfolgt dabei nicht nur fachlich, sondern auch sozial (in Bezug auf das Team) und identitär (in Bezug auf die Unternehmenskultur).

Unterscheiden kann man hier im Wesentlichen vier Phasen:

  • Vorbereitungsphase – Bis zum ersten Arbeitstag können Sie als Unternehmen bereits viel für Neuankömmlinge tun, bspw. einen Einarbeitungsplan erstellen, allgemeine Informationen rund um das Unternehmen versenden, den Arbeitsplatz einrichten, Gespräche mit Team und Führungskräften arrangieren oder bei der Wohnungssuche und beim Umzug unterstützen. Was ebenfalls zur Vorbereitungsphase gehört, ist die rechtzeitige Einrichtung von IT, E-Mailzugang, Telefon, etc. Leider passiert es immer wieder, dass so manches am ersten Arbeitstag nicht funktioniert, was eigentlich funktionieren sollte.
  • Willkommensphase – Am ersten Arbeitstag geht es darum, neue Mitarbeitende oder Führungskräfte bestmöglich zu empfangen. Eine Einführungsveranstaltung ist hierfür sinnvoll, in der Sie wesentliche Informationen rund um Unternehmen und Unternehmenskultur weitergeben können. Obligatorisch sind die Vorstellung des Arbeitsplatzes und (spätestens hier) Gespräche mit den anderen Teammitgliedern.
  • Orientierungsphase – Im Verlauf der ersten Tage und Wochen bedarf es eines systematischen Plans zur Einarbeitung und Integration. Hilfreich dabei sind ein Mentoren- und/oder Patenprogramm, um die nötige Unterstützung zu bieten sowie Gespräche, Gespräche, Gespräche. Auf positive Resonanz stoßen auch Veranstaltungen wie ein Teamevent (und wenn es nur ein Abendessen in geselliger Runde fern vom Arbeitsplatz ist), kleine Unternehmungen oder eine Veranstaltung für all jene, die in der Organisation neu anfangen. Wer in den ersten Wochen das Gefühl hat, nicht anzukommen, der wird sich sehr genau überlegen, ob er dauerhaft hier arbeiten möchte.
  • Integrationsphase – Feste und in kleinen Abständen gesteckte Ziele, Klarheit über unternehmensseitige Erwartungen und regelmäßige Reflexions- und Feedbackgespräche sind das A und O, um die ersten Monate positiv für neue Mitarbeitende und Führungskräfte zu gestalten.

Entscheidend ist, dass Führungskräfte und HR-Verantwortliche die systematische und strukturierte Einarbeitung neuer Mitarbeitender als das sehen, was es ist: ein Schlüsselprozess im Retention Management. Ein sorgsam aufgesetzter und stringent durchgeführter Onboarding-Prozess ist weitaus mehr als nur ein „Wohlfühlfaktor“. Er wirkt sich positiv auf die Fluktuationsquote aus, aber auch auf die Loyalität, Motivation und Performance der oder des Einzelnen. Letztlich sprechen also handfeste betriebswirtschaftliche Gründe für eine enge Begleitung neuer Mitarbeitender.

 

Passende Angebote entwickeln, junge Mitarbeitende binden

Ein gelungenes Onboarding ist erst der Anfang. Auf lange Sicht werden Sie junge Mitarbeitende binden können, indem Sie passende Angebote für sie bereithalten. Entscheidend sind dabei die Wünsche und Erwartungshaltungen der Gen Z.

Dazu zählen vor allem:

  • Flexible Arbeitsregelungen – Wie keine Generation zuvor setzen Mitarbeitende der Gen Z auf räumliche und zeitliche Flexibilität im Arbeitsalltag und damit auf Home-Office-Möglichkeiten, Teilzeit-Angebote, aber auch auf Möglichkeiten von Sabbaticals oder Workation-Modelle. Dabei geht es nicht um eine pauschale Reduzierung der Arbeitszeit, sondern eher darum, Optionen zu bieten, eine individuelle Auswahl zu ermöglichen. Das macht auch für andere Mitarbeitergenerationen Sinn. Gerade dann, wenn sie sich in bestimmten Lebensphasen befinden (Elternschaft, Pflege der eignen Eltern, etc.).
  • Gute Führung – Die Gen Z definiert sich über den persönlichen Erfolg, möchte eigene Ideen einbringen, Spuren hinterlassen und dafür wertgeschätzt werden. Deshalb wünschen Sie sich Führungskräfte, die Freiräume geben, zum anderen aber auch Sicherheit (siehe dazu meinen Beitrag über Führung und Sicherheit). Sinnvoll kann sein, wenn Sie jungen Mitarbeitenden spezielle Aufgaben übertragen, für die sie eine besondere Befähigung mitbringen (z.B. Digital-Projekte, Social-Media-Themen, etc.).
  • Entwicklungsmöglichkeiten – Kontinuierliches Lernen wird für alle Arbeitsmarktteilnehmenden mehr und mehr zur Notwendigkeit (siehe hierzu auch Kontinuierliches Lernen als Zukunftsfaktor). Dazu passt die generelle Neugier, die der Generation Z nachgesagt wird. Die jungen Mitarbeitenden setzen Angebote voraus, um sich fachlich und persönlich weiterzuentwickeln. Hinzu kommt der Wunsch nach Karriereperspektiven, auch jenseits der klassischen Führungslaufbahn. Ein Entwicklungsplan mit definierten Zielen und Meilensteinen ist hier ein äußerst hilfreiches Instrument, damit gerade junge Mitarbeitende frühzeitig ihren eigenen Weg finden.
  • Gute Arbeitsatmosphäre – Die generelle Atmosphäre im Unternehmen sowie die Zusammenarbeit im Team sind für die Gen Z eine wichtige Größe und entscheiden mit über ihren Verbleib im Unternehmen. Auch hierfür spielt Führung eine große Rolle (siehe dazu auch meine Beiträge Zusammenspiel von Führung und Unternehmenskultur oder Wertschätzung am Arbeitsplatz). Sie können als Unternehmen entsprechende Leitlinien festlegen, die auch die Erwartungen der jungen Mitarbeitenden berücksichtigen. Und natürlich gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, um die Unternehmenskultur sowie die Stimmung in einzelnen Teams positiv zu verbessern. Angefangen von gemeinsamen Aktivitäten und Events bis hin zu gezielten Teamentwicklungen (siehe weiter unten).
  • Sinnhaftigkeit – Warum verbringe ich hier jeden Tag meine wertvolle Zeit? Was macht das Unternehmen für die Umwelt und die Gesellschaft? Was stimmt mich hier stolz auf meine Arbeit? Wir alle stellen uns diese Fragen, die junge Generation vielleicht noch etwas kompromissloser. Darauf Antworten zu finden, ist eine sehr gute Möglichkeit für Sie als Unternehmen, um die Generation Z an sich zu binden.

Es lassen sich noch sehr viele weitere Möglichkeiten aufzählen, mit denen Sie junge Mitarbeitende (und nicht nur diese!) für Ihr Unternehmen begeistern lassen. Wie immer besteht hier kein Anspruch auf Vollständigkeit. Einen Punkt möchte ich dennoch hervorheben: Authentizität im Sinne einer transparenten, ehrlichen und wertschätzenden Kommunikation. Die Forderung danach ist nicht neu und setzt sich immer mehr durch. Für viele Mitglieder der Generation Z ist sie aber eine kompromisslose Standardvoraussetzung für jegliche Interaktion mit Unternehmen.

Allen Studien zum Trotz kann es sein, dass junge Mitarbeitende in Ihrem Unternehmen, Ihrer Branche, Ihrer Region ganz eigene Erwartungen mitbringen. Deshalb kann ich nur dazu raten, das Gespräch zu suchen, Fragen zu stellen, zuzuhören. Um möglichst viel über die Beweggründe und Wünsche der Gen Z zu erfahren.

 

Am Ende profitieren alle Mitarbeitergenerationen

Mit diesem Gedanken möchte ich den Blick erweitern und auf die vielen Chancen zu sprechen kommen, die sich fachlich und persönlich in einem Unternehmen bieten. Was habe ich schon für Vorurteile über die Generation Z gehört … Und wie wenig davon hat sich im Arbeitsalltag bestätigt. Vorbehalte gegenüber Wünschen und Erwartungshaltungen, die von den eigenen abweichen, sind stets und ausnahmslos hinderlich.

Junge Menschen müssen zu Beginn ihrer Karriere an die Hand genommen werden. Sie brauchen Erfahrung und Alltagsroutine, um ihr Wissen in der Praxis anwenden zu können. Gleichzeitig profitieren alle „Alteingesessenen“ von frischen Impulsen und neuen Sichtweisen. Die Wiese ist bereitet für ein Voneinander-Lernen. Möglich ist das nur, wenn man sich öffnet, einen Perspektivwechsel überhaupt in Betracht zieht, sich für den anderen Standpunkt interessiert. Erst wenn ich die Ziele und Motivationen meines Gegenübers erkannt und verstanden habe, bin ich in der Lage, sie oder ihn dabei zu unterstützen.

Und selbstverständlich braucht es realistische Erwartungshaltungen. Das gilt für neue Mitarbeitende im Unternehmen, aber auch für Führungskräfte. Denn junge bzw. neue Teammitglieder können nicht sofort die gleiche Leistung bringen, wie die Person, die sie ggf. ersetzen. Aus diesem Grund ist der bereits erwähnte Einarbeitungsplan für junge Mitarbeitende von größter Bedeutung. Darin können gemeinsam konkrete Ziele und Entwicklungsschritte festgehalten werden, die Klarheit für alle Beteiligten schaffen.

Eine gute Möglichkeit, um (junge) Fach- und Führungskräfte als Unternehmen zu begleiten ist ein individuelles Coaching. Gerade dann, wenn es zu Beginn einer Karriere nicht so rund läuft und die Gefahr besteht, dass der oder die Kandidat:in abwandern könnte. Aber auch für die Alteingesessenen, wenn es darum geht, loszulassen.

Aber auch eine Teamentwicklung bietet sich stets an, wenn es darum geht, alte und neue Sichtweisen miteinander in Einklang zu bringen. Gerade die Möglichkeit, außerhalb der Alltagsroutine miteinander ins Gespräch zu gehen, kann neue Energien freisetzen und die Team-Performance auf ein neues Level heben.

 

Fazit

Mitglieder der Generation Z möchten Freude und Sinnhaftigkeit in ihrer Arbeit erleben und gleichzeitig nicht vollkommen davon ausgefüllt sein. Für Arbeitgeber bringt das mitunter große Anforderungen mit sich. Manche Arbeitsprozesse müssen grundlegend hinterfragt, manche Angebote neu geschaffen und manche Gießkannenmodelle endgültig eingestampft werden. Unter dem Strich lohnt es sich aber, davon bin ich fest überzeugt. Weil ohnehin ein neuer Zeitgeist einkehrt, der nach individuellen Lösungen verlangt und dadurch letztlich alle Mitarbeitenden profitieren können.

Unternehmen können junge Mitarbeitende binden, indem sie deren Wünsche ernst nehmen, ihnen Angebote machen und sie von Beginn an begleiten. Mit einem gelungenen Onboarding fängt es nach der Vertragsunterzeichnung an, doch es steckt weitaus mehr dahinter. Ein ehrliches Interesse etwa von Seiten der Führungskraft und die nötige Empathie, um den komplexen Führungsanforderungen zu entsprechen. Meine Erfahrung lehrt mich immer wieder, dass die Auseinandersetzung mit veränderten Erwartungshaltungen allen Unternehmen eine großartige Chance bietet, um sich als Organisation weiterzuentwickeln – zum Wohle aller Beteiligten. Diese Möglichkeit gilt es nun zu ergreifen, denn in der langfristigen Betrachtung bleibt ihnen eigentlich gar nichts anderes übrig.

Wenn Sie auf dem Weg dahin Unterstützung benötigen, dann bin ich gerne für Sie da. Bei der Auswahl der zu Ihrem Unternehmen passenden Kandidat:innen etwa. Aber auch bei der Begleitung (junger) Mitarbeitender und Führungskräfte durch ein individuelles Coaching oder eine Teamentwicklung. Alles, was Sie im ersten Schritt tun müssen, ist, dem Link weiter unten zu folgen und mir ein paar Fragen meinerseits zu beantworten. Ich melde mich dann zeitnah bei Ihnen, um ganz unverbindlich mögliche Ansatzpunkte und Potenziale mit Ihnen zu besprechen.