Gute Selbstführung – die vergessene Seite der Führungsarbeit

Gute Selbstführung – die vergessene Seite der Führungsarbeit | NADJA HENRICH

Kaum ein Thema steht so im Fokus wie Führung, und dennoch wird ein Aspekt häufig vernachlässigt: gute Selbstführung. Sie ist eine wichtige Voraussetzung für gelungene und wirksame Führungsarbeit. Denn innere Klarheit schafft das Fundament für ein zielgerichtetes, selbstbewusstes und ausgeglichenes Wirken nach außen. Welche Schlüsselfaktoren hierfür entscheidend sind, wie Sie Selbstführung (weiter-)entwickeln können und welche Rolle gute Fragen dabei spielen, erfahren Sie in diesem Praxistipp.

Lesedauer: 3 Minuten

Kaum ein Thema wird so breit und intensiv diskutiert wie Führung. Das ist nachvollziehbar, denn so gut wie alle Arbeitsmarktteilnehmenden haben mit Führungskräften zu tun und/oder leisten selbst Führungsarbeit. Außerdem verändert sich Führung zunehmend. Sie wird immer anspruchsvoller, denn auch die Rahmenbedingungen innerhalb unserer Arbeitswelt werden komplexer (siehe Herausforderungen der VUKA-Welt). Deshalb wird auch das Set an notwendigen Fähigkeiten in der Führungsarbeit immer umfangreicher.

Unternehmen tun deshalb gut daran, wenn sie in die Entwicklung von Führungskräften investieren. Zahlreiche Unternehmen haben das auch erkannt und fördern ihre Führungskräfte gezielt. Allerdings wird dies oft zu einseitig angegangen. Innerhalb von Unternehmen wird „gute Führung“ oftmals mit der Fähigkeit gleichgesetzt, Aufgaben und Mitarbeitende so zu steuern, dass betriebliche Abläufe gut funktionieren. Auch Coaching-Aufträge zielen häufig auf dieses Ergebnis ab. Das ist sicherlich richtig. Dennoch ist es meiner Überzeugung nach nicht vollständig gedacht. Denn es handelt sich um eine reine Output-Betrachtung von Führungsarbeit.

Führung ist jedoch mehr als das. Es gibt eine verborgene, nicht selten vergessene Seite von Führungsarbeit, die ebenso bedeutsam ist und wesentlichen Einfluss auf die Ergebnisse nimmt: Gute Selbstführung.

 

Selbst ist die Führungskraft

Dass Führungskräfte zuerst auf sich selbst blicken sollten, hat nichts mit Eitelkeit zu tun. Dahinter steckt ein einfacher Gedanke: Um nach außen wirken zu können, müssen die inneren „Voraussetzungen” stimmen.

Im Wesentlichen geht es darum, Klarheit zu sich selbst zu erlangen – Klarheit über die eigene Rolle, die eigenen Motivationen, über die persönlichen Ziele, Werte und Prinzipien – und sich in seinem Selbstwertgefühl weiterzuentwickeln. Es geht darum, eine klarere Selbstausrichtung, mehr Selbstbewusstsein und Strahlkraft zu entwickeln und daraus Handlungs- und Verhaltensweisen abzuleiten.

Eine gute Selbstführung hat aber noch weitere Vorteile für Führungskräfte. Denn mehr Klarheit führt auch dazu, dass sie eigene Ziele besser verfolgen und insgesamt durchsetzungsstärker werden. Hinzu kommt, dass sie ruhiger und gelassener werden, was insbesondere bei plötzlichen Veränderungen (im Arbeitskontext) von Vorteil ist.

Gute Selbstführung schafft die nötige Klarheit und Handlungssicherheit, um mit den Anforderungen der modernen Arbeitswelt umgehen zu können. Sie wird zur Basis für eine wirksame Mitarbeiterführung. Peter F. Drucker hat es bereits treffend formuliert:

„Nur wenige Menschen sehen ein, dass sie letztendlich nur eine einzige Person führen können und auch müssen. Diese Person sind sie selbst.“

 

Worauf gute Selbstführung gründet

Selbstführung ist ein kontinuierlicher Prozess. In diesem Prozess lernen Führungskräfte (aber auch Mitarbeitende), eigene Motive, Wünsche und Verhaltensweisen zu verstehen und zu beeinflussen. Dabei spielen eine ganze Reihe unterschiedlicher Schlüsselfaktoren eine Rolle. Dazu zählen:

  • Selbstreflexion – Damit meine ich die Fähigkeit, das eigene Denken und Handeln zu beobachten, zu analysieren, zu verstehen und entsprechende Schlüsse daraus zu ziehen (siehe auch Selbstreflexion im Beruf).
  • Selbstmotivation – Einfach ausgedrückt ist damit die Fähigkeit gemeint, sich konkrete Ziele zu setzen, sich selbst zu motivieren bzw. für sich und seine Ziele eine motivierende Arbeitsumgebung zu schaffen. Aber auch die Bereitschaft, kontinuierlich an sich zu arbeiten und sich weiterzuentwickeln (siehe auch Kontinuierliches Lernen als Zukunftsfaktor).
  • Selbstregulation – Gemeint ist die Fähigkeit, eigene Emotionen (frühzeitig) erkennen und steuern zu können.
  • Selbstorganisation – Damit meine ich, dass Führungskräfte in der Lage sind, Arbeitsanforderungen und Zeitmanagement unter Kontrolle halten können. Dabei spielen auch Aspekte wie Stressmanagement oder Resilienz eine Rolle (siehe auch Raus aus der Dauerbelastung).
  • Führungsvision – Wenn Führungskräfte Zielklarheit für sich selbst entwickeln, können sie ihr Team ganz anders motivieren und eine Vorbildfunktion einnehmen (siehe auch Einfluss von Führungsvision auf die Kooperation).
  • Emotionale Führung – Gute Selbstführung ist schlussendlich auch die Grundlage, um gute Beziehungs- und Kommunikationsarbeit zu leisten (siehe Beitrag Authentischer und erfolgreicher durch emotionale Führung). Dafür notwendig ist u.a. ein hohes Maß an emotionaler Intelligenz und Empathie.

 

Wie Sie Selbstführung trainieren können

Das ist eine ziemlich lange Liste, oder? Gerade dann, wenn man Selbstführung bislang noch nicht als wesentlichen Teil seiner Führungsarbeit verstanden hat. Doch diese Liste lässt sich mit der richtigen Methodik sehr gut angehen.

Wenn ich Fach- und Führungskräfte begleite, ihre Selbstführungskompetenzen auszubauen, dann setze ich auf zwei Erfolgshebel:

  • Eine fundierte Standortbestimmung – Hier nutze ich die wissenschaftlich fundierte Potenzialanalyse profilingvalues. Als langjährige Expertin mit über 1.300 erstellen Profilen bin ich in der Lage, ein aussagekräftiges Bild zu Ihnen zu ermitteln. Daraus lassen sich ebenso treffsichere Aussagen über den Grad Ihrer aktuellen Selbstführungsfähigkeiten und die Aufmerksamkeit darauf tätigen.
  • Ein begleitender Coachingprozess – Die Standortbestimmung im Vorfeld ist eine ideale Grundlage, um im Coaching gezielt an Ihren Potenzialen zu arbeiten. Dabei lege ich hohen Wert auf Selbstreflexion. Für mich geht es darum, dass Sie als Person mehr Klarheit zu sich selbst und mehr Kraft aus sich selbst heraus entwickeln können. Und dass Sie insgesamt mehr in Balance kommen. Dabei beantworten Sie sich selbst zentrale Fragen und finden darauf wirksame Lösungen.

 

Fragen über Fragen? Umso besser!

Führungskräfte, die sich keine Fragen stellen, hinterfragen sich auch nie selbst. Das mag für althergebrachte hierarchische Führungsansätze funktioniert haben. In der heutigen Arbeitswelt tut es das nicht mehr, davon bin ich überzeugt. Eine gute Selbstführung entscheidet mit darüber, ob Führung wie aus dem Bilderbuch erfolgt oder sie zum Zündstoff für die Unternehmenskultur wird.

Wer sich die richtigen Fragen stellen und wirklich in eine intensive Selbstreflexion gehen möchte, dem kann ich wiederum profilingvalues und das damit verbundene Feedbackgespräch ans Herz legen. Die Potenzialanalyse beleuchtet zwei wesentliche Kompetenzfelder:

  • Wie stark individuelle Fähigkeiten ausgeprägt sind und wie sehr sie sich gegenseitig beeinflussen.
  • Wie individuelle Fähigkeiten zurzeit tatsächlich genutzt werden (angemessen, zu intensiv oder zu wenig).

Dadurch haben Sie die Möglichkeit, mehr Klarheit zu Ihren Stärken zu bekommen und diese auch wertzuschätzen, was viele von uns leider zu wenig machen. Aber auch Limitierungen zu sehen und ganz konkrete Entwicklungsanregungen aufgezeigt zu bekommen.

Eine gute Selbstführung ist übrigens nicht nur beruflich, sondern für das gesamte Leben von großem Mehrwert. Denn sie verhilft Ihnen dazu, mehr in Balance zu sein, gesünder zu leben und glücklicher zu werden.

Wie steht es denn nun eigentlich um Ihre Selbstführung? Haben Sie die Bedeutung dieser Seite von Führungsarbeit bereits für sich erkannt oder liegt sie noch im Verborgenen? Und haben auch Sie ein paar offene Fragen zu beantworten?

Auf einen besseren Zeitpunkt, um die eigenen Selbstführung zu verbessern müssen Sie nicht warten. Denn es ist ein kontinuierlicher Prozess, der – einmal begonnen – kein Ende hat. Und das lohnt sich, soviel kann ich Ihnen versichern. Wenn ich Sie in irgendeiner Form dabei unterstützen kann, dann …