Im Fokus: Wie Führungskräfte richtig delegieren

Für viele Führungskräfte ist es ein ganz zentrales Thema: Delegieren. Doch nicht alle sind gut darin. Hinzu kommt, dass ein Bewusstsein dafür fehlt, wie förderlich und wertschätzend die Weitergabe von Aufgaben an die Teammitglieder ist. Wer gut delegieren kann, der macht nicht nur sein eigenes Team zufriedener und leistungsstärker, sondern auch sich selbst. Warum das so ist und welche typischen Fehler beim Delegieren gemacht werden, das möchte ich in diesem Praxistipp erläutern.
Lesedauer: 2 Minuten
Eine Führungskraft sagte mir einmal in einem Coaching: „Delegieren? Meine Mitarbeiter haben sowieso schon so viel Arbeit und bei allem fehlt mir die Zeit, Aufgaben zu delegieren.
Diese und ähnliche Aussagen höre ich immer wieder, wenn es um Mitarbeiterführung geht. Aus meiner Sicht kommt darin ein Grundproblem zum Ausdruck: Vielen Führungskräften fällt es schwer, zu delegieren. Hinzu kommt, dass sie darin zu selten einen großen Mehrwert sehen, und zwar für beide Seiten.
Das geht so weit, dass manche Menschen in Leitungspositionen gar nicht delegieren, was weitreichende Konsequenzen hat.
Führungskräfte delegieren zu wenig
Delegieren bedeutet zunächst einmal nichts anderes, als Aufgaben an Andere zu übertragen. Doch Sie ahnen es schon: Ganz so einfach wie es klingt, ist es nicht.
Für viele Führungskräfte ist es zwar ein Thema, mit dem sie sich auseinandersetzen. Gleichzeitig nutzen sie es zu wenig. Das hat unterschiedliche Gründe. Einer der häufigsten ist sicherlich die Angst vor Kontrollverlust. Ein anderer, dass sich manche Führungskraft gar nicht im Klaren darüber ist, dass Delegieren ein zentraler Bestandteil der eigenen Führungsrolle ist. Und schließlich wissen viele Verantwortliche gar nicht, welche Vorteile und welches Potenzial das Delegieren für alle Beteiligten birgt:
- Führungskräfte werden von Routine- oder auch Fachaufgaben entlastet und haben mehr Zeit für ihre Führungsarbeit. Gleichzeitig tun sie etwas für die Motivation und Förderung ihres Teams.
- Mitarbeitende wiederum erfahren Vertrauen und Wertschätzung, können ihre Kompetenz unter Beweis stellen, sich aktiv in Aufgaben und Prozesse einbringen und weiterentwickeln.
Richtig delegieren will gelernt sein
Die oben erwähnte Aussage der Führungskraft ließ mich ein paar Vermutungen anstellen, die sich dann auch bewahrheiten sollten. Im Verlauf des Coachingprozesses wurde offenkundig, dass mein Coachee zu wenig Klarheit zu der eigenen Rolle hatte und zum anderen beim Delegieren keinen genauen Abgleich zwischen Aufgaben und Stärken der Mitarbeitenden vornahm.
Damit sind schon zwei wichtige Punkte genannt, die von zentraler Bedeutung sind, wenn Sie als Führungskraft richtig delegieren möchten.
Am besten stellen Sie sich vor der Übertragung von Aufgaben an Teammitglieder folgende Fragen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
- Welche Aufgaben gehören zu mir und welche Aufgaben kann ich abgeben?
- Wer kommt für die jeweilige Aufgabe in Frage? Wem traue ich es zu?
- Wer kann die Aufgabe sofort erledigen? Wer kann in die Aufgabe „reinwachsen“? Wie kann ich ihn oder sie fit machen dafür?
- Haben die Verantwortlichen alle Informationen, die sie brauchen?
- Wie kann ich die Verantwortlichen sonst unterstützen, damit sie die Aufgabe gut erledigen können?
- Welches Maß an Entscheidungsbefugnis trete ich ab? Welche Freiheiten gewähre ich bei der Erledigung der Aufgabe?
- In welchen Abständen lasse ich mir vom Fortschritt berichten? Wie und wann gebe ich Feedback? Welche Vereinbarungen treffen wir dahingehend?
Die Beantwortung dieser Fragen setzt voraus, dass ich Klarheit in Bezug auf meine eigene Rolle habe, dass ich Vertrauen in meine Mitarbeitenden und mein Team habe und dass ich die Fähigkeiten, Potenziale, aber auch Entwicklungsfelder meiner Teammitglieder genau kenne.
Worauf Sie als Führungskraft achten sollten
Wie eingangs angedeutet, besteht einer der Kardinalsfehler aus meiner Sicht darin, überhaupt nicht zu delegieren. Um es aber richtig zu tun, gibt es eine Erfolgsformel:Verantwortung abgeben und gleichzeitig weitestgehend die Kontrolle behalten. Wenn das gelingt, dann sind alle Beteiligten glücklich und motiviert.
Das setzt voraus, …
- dass Sie Aufgaben und Arbeiten mit größtmöglicher Klarheit übertragen.
- dass Sie Ihre Erwartungshaltung klar adressieren.
- dass Sie nicht nur Routineaufgaben bzw. unliebsame Aufgaben weitergeben.
- dass Sie Ihre Führungsvision
- dass Sie sich nicht zu wenig oder zu viel mit einbringen.
- dass Sie immer konstruktiv und wertschätzend Feedback geben.
Wer delegieren kann, kann als Führungskraft wachsen
Als ich selbst noch Führungskraft war, praktizierte ich das Delegieren sehr aktiv. Mir wurde nachgesagt: „Von dir kann man das Delegieren lernen.“ Mein Delegieren hatte nicht nur den Begleiteffekt, dass mein Team zufrieden(er) war, sondern auch den, dass ich mich als Führungskraft deutlich schneller entwickeln konnte. Ich hatte mehr Zeit für meine Führungsaufgaben, insbesondere für die regelmäßige Kommunikation mit meinen Mitarbeitenden. Das führte dazu, dass ich zentrale Führungskompetenzen wie Empathie oder Wertschätzung gezielt stärken konnte.
Diese Erfahrungen gebe ich meinen Coachees heute immer wieder mit auf den Weg und arbeite mit ihnen sehr praxisbezogen daran. Darüber hinaus baue ich Fragen zum Delegieren in meine wöchentlichen Reflexionsübungen ein. Fragen dahingehend machen aber auch über einen Coachingprozess hinaus sehr viel Sinn. Ich empfehle, eine regelmäßige „Inventur“ vorzunehmen und die eigene Führungsarbeit mindestens einmal im Jahr selbst zu hinterfragen.
Delegieren bietet viele Möglichkeiten – für die Führungskraft selbst und für die Mitarbeitenden. Im Übrigen ist die Übertragung von Aufgaben auch eine Möglichkeit, die eigene Arbeitgeberattraktivität zu steigern. Denn schließlich eröffnen Sie dadurch Mitarbeitenden Perspektiven, steigern die Motivation und Zufriedenheit und geben beste Argumente mit, um dem Unternehmen treu zu bleiben.
Und Sie? Agieren Sie noch selbst oder delegieren Sie schon? Und falls ja, haben Sie schon das volle Potenzial an Aufgaben ausgeschöpft? Wenn Sie diese Frage klar beantworten möchten und sich dafür Unterstützung wünschen, dann …