Cultural Fit und Personalauswahl

Cultural Fit und Personalauswahl | NADJA HENRICH

Immer noch konzentrieren sich Unternehmen in Bewerbungsprozessen überwiegend auf den beruflichen Werdegang und die fachlichen Qualifikationen von Kandidat:innen. Deren Cultural Fit dagegen spielt bei der Auswahl zumeist eine untergeordnete Rolle. Das ändert sich nun in Zeiten des Arbeitskräftemangels rapide. Ist diese Entwicklung begrüßenswert? Wie relevant ist die Passung zur Unternehmenskultur denn überhaupt? Welche Aspekte gilt es dabei zu berücksichtigen? Und wie können Sie ermitteln, welche Personen für Ihr Unternehmen geeignet sind?

Lesedauer: 3 Minuten

Wenn Sie Personalverantwortliche danach fragen, wen sie am liebsten einstellen würden, dann kommt gerne die Antwort: „Die Richtigen“. So einfach das klingt, so uneindeutig ist es andererseits. Denn was mit „richtig“ gemeint ist, das ist im Einzelfall sehr verschieden. Deshalb erstellen Unternehmen Kompetenzprofile, um fachliche und kulturelle Eigenschaften zu definieren, die ein Bewerber oder eine Bewerberin im Idealfall mitbringen.

Fachliche Kompetenz und kulturelle Eignung also … Das klingt vernünftig. Wäre da nicht die Frage nach der Gewichtung. Dass neben den Hard Skills (vereinfacht: fachliche Kompetenzen) die so genannten Soft Skills (soziale Kompetenzen) in einem Bewerbungsprozess auftauchen, ist mittlerweile Standard. Insbesondere von Seiten des Personalbereichs werden sie mit hoher Gewichtung in den Recruiting-Prozess integriert.

 

Fachliche Eignung vs. kulturelle Passung

Cultural Fit und Personalauswahl gehen also Hand in Hand? Das möchte man beim Blick in manchen Gesprächsleitfaden und manches Kompetenzprofil meinen. Meine Erfahrung lehrt mich allerdings immer wieder das Gegenteil. Das letzte Wort bei einer Einstellung hat bekanntlich der Fachbereich, sprich: der oder die spätere Vorgesetzte sowie weitere Bereichsverantwortliche. Das ist auch richtig so. Allerdings werden nicht selten systematisch aufgesetzte und bis dato sauber durchgeführte Auswahlprozesse durch ein fachliches Veto (gerne auch als Bauchentscheidung tituliert) ad absurdum geführt. In die eine oder andere Richtung: Das heißt, dass eigentlich guten Kandidat:innen abgesagt wird, da sie nicht die ideale fachliche Eignung mitbringen oder – was weitaus besorgniserregender ist – es werden Kandidaten eingestellt, die fachlich gut, aber – ihr Mindset betreffend – unpassend sind. Es kann zwar immer sein, dass das Bauchgefühl recht behält. Nicht selten jedoch tauchen Probleme mit dem neuen Teammitglied bzw. der Führungskraft auf: Beim Onboarding, bei der Zusammenarbeit, bei der individuellen Performance, in der Motivation, in der Führung. Missverständnisse, die über kurz oder lang dazu führen können, dass die eingestellte Person das Unternehmen wieder verlässt und die Suche von Neuem beginnt.

Man könnte sagen, dass die Sicht von Fachbereichsleitenden nicht selten „fachlich getrübt“ ist und deshalb auch auf die vielfach objektivere Sicht von HR-Verantwortlichen vertrauen sollten. Darum sei an dieser Stelle ein erster leiser Ausruf platziert: Prüfet, wer sich bindet.

 

Arbeitskräftemangel führt zu Perspektivwechsel in Unternehmen

Selbst wenn in Unternehmen alle Aspekte bei der Auswahl berücksichtigt werden, wird in Zeiten des Arbeitskräftemangels der Idealfall zur Rarität. Heißt: Es gibt nur selten Bewerber, die sowohl die gewünschte fachliche als auch kulturelle Eignung mitbringen. Mehr noch, auch fachliche Wunschkandidaten werden zunehmend Mangelware. Deshalb findet in deutschen Unternehmen ein partielles Umdenken statt. Mehr und mehr rückt der Stellenwert der unternehmenseigenen Wertewelt in den Fokus der Entscheider.

Zu Recht, davon bin ich überzeugt. Denn unabhängig vom Arbeitsmarkt ist der Stellenwert der sogenannten Softskills auf die Teamintegration, die Motivation, die Performance und das Commitment nicht hoch genug einzuschätzen . Ich würde sogar behaupten, dass manche fachlichen Kompetenzen schneller vermittelbar bzw. erlernbar sind als grundlegende soziale Kompetenzen.

Das kann man sicherlich nicht pauschal für jede Branche und jede Funktion sagen. Ein Facharzt ist selbstverständlich nicht durch einen Quereinsteiger mit zum Krankenhaus passendem Mindset zu ersetzen. Doch es gibt eine Vielzahl von Arbeitsplätzen, die keinen derart fachspezifischen Ausbildungshintergrund erfordern, auch wenn es manch utopisch formulierter Anforderungskatalog in der einen oder anderen Stellenausschreibung nahelegen möchte.

Wenn eine Fach- und Führungskraft aber alles mitbringt, was sie braucht, um sich schnell und effizient im Unternehmen einzuarbeiten, dort anzukommen und sich das nötige, fachliche Rüstzeug peu à peu aneignen kann, dann wiederhole ich gerne den Ausruf von eben, nun aber etwas lauter: Prüfet, wer sich bindet. Oder binden könnte.

 

„Cultural Fit“ eats „Hard Skills“ for lunch

Die Frage danach, was Unternehmenskultur genau ist und wie kollektive Veränderung funktioniert, verdient sicherlich einen eigenen Beitrag. Wenn wir mit Unternehmenskultur alle klar formulierten und unausgesprochenen Regeln, Werte, Ziele, Umgangsformen und Handlungsweisen verstehen wollen, auf die sich die Mitglieder einer Organisation gemeinsam verständigt haben, dann bedeutet Cultural Fit die Fähigkeit eines (neuen) Teammitglieds, sich mit den vorhandenen Fähigkeiten in diesen hochkomplexen Kosmos einzufügen und ihn mitzugestalten.

Vor allem langfristig wirkt sich der Cultural Fit von Mitarbeitenden und Führungskräften positiv aus. Beispielsweise in punkto Zufriedenheit, Engagement, Leistungsfähigkeit, Fluktuation oder Weiterempfehlungsbereitschaft. Er nimmt also für Recruiting und Retention gleichermaßen eine Schlüsselrolle ein. Ich würde sogar noch weitergehen und behaupten, dass die Unternehmenskultur das Zentrum ist, um das die Produktivität und der Erfolg einer Organisation kreisen. In diesem Sinne möchte ich auch meine Zwischenüberschrift verstanden wissen (als kleine Hommage an Peter Druckers berühmten Ausspruch über Kultur und Strategie) …

Damit rücken wir immer näher an einen Satz, der auf den US-amerikanischen Unternehmer Herbert David Kelleher zurückgeht und in der dortigen Arbeitswelt vielfach zitiert wird: “Hire for attitude, train for skills.“ Denn in den USA werden Wertvorstellungen, Motivationen und Überzeugungen von Mitarbeitenden deutlich höher gewichtet als hierzulande. Doch auch in deutschen Unternehmen sollte wohl jeder Teilnehmende an Bewerbungsgesprächen diesen Satz über kurz oder lang kennen. Übersetzt könnte er etwa so lauten: Prüfet, wer sich bindet.

 

Wertediagnostik für mehr Entscheidungssicherheit

Gerade aufgrund der Vielzahl an Faktoren, die eine Unternehmenskultur auszeichnen, ist der Cultural Fit von Kandidaten in einem Bewerbungsprozess nur schwer zu ermitteln. Es sei denn, Sie haben ein verlässliches Instrumentarium, das sie in Ihrer Auswahl unterstützt.

Ich arbeite genau aus diesem Grund mit der wissenschaftlich fundierten und wertebasierten Potenzialanalyse profilingvalues. Wenn ich meine Klienten bei der Personalauswahl unterstütze, aber auch in Coachings oder Teamentwicklungen. Der Vorteil dieses Testverfahrens: Mit den Ergebnissen wird das persönliche Wertesystem von Kandidaten abgebildet, woraus Sie treffsichere und präzise Aussagen über individuelle Eigenschaften und Kompetenzen ableiten können. Denn wie der US-amerikanische Psychologe Leon Pomeroy so treffend formuliert hat: „Wir haben nicht einfach nur Werte; wir sind unsere Werte.“

Ich und auch meine Kunden betrachten profilingvalues deshalb als ideale Ergänzung in Auswahlprozessen. Neben standardisierten Verfahren und individuellen Einschätzungen verschafft diese Methode Ihnen mehr Klarheit in Bezug auf Werte, Stärken, Erwartungen und Entwicklungsfelder von (potenziellen) Mitarbeitenden und Führungskräften. Anders ausgedrückt: Sie wissen danach genau, wo eine Person gut eingesetzt ist, welche Fähigkeiten und Neigungen sie hat, welche Entwicklungen sie anstrebt und mit welchen anderen Personen sie gut zusammenarbeiten kann. Sie haben also den Helfershelfer, den es braucht, um Soft Skills zu erfassen und hohe Kosten durch falsche Personalauswahl zu vermeiden (siehe auch: Mehr Mut bei der Personalauswahl).

 

Fazit

Wenn Sie langfristig orientiert sind und sich ein Team aufbauen möchten, dass durch gute Performance, gute Zusammenarbeit, hohe Zufriedenheit und Loyalität besticht, dann ist eine Passung Ihrer Teammitglieder zur Unternehmenskultur zwingend erforderlich. Cultural Fit ist bei der Personalauswahl also nicht nur eine Neben-, sondern die Hauptrolle. Diese Erkenntnis setzt sich langsam auch in deutschen Unternehmen durch, auch wenn die gelebte Praxis dem noch hinterherhinkt.

Um es auf den Punkt zu bringen:

  • Fachliche und kulturelle Eignung von Bewerbern -> perfekt!
  • Kulturelle Eignung, fachliches Ausbaupotenzial -> interessant!
  • Fachliche Eignung, fehlende kulturelle Passung -> no go!

Um die Sicherheit bei der Personalauswahl deutlich zu erhöhen, empfiehlt sich neben der Ausarbeitung eines strukturierten Bewerbungsprozesses und entsprechender Auswahlinstrumente auch der Einsatz eines Diagnostiktools. Damit können wesentliche Persönlichkeitseigenschaften von Personen sichtbar gemacht und die Passung zum eigenen Unternehmen überprüft werden.

Wie genau das funktioniert und welche wertvollen Erkenntnisse Sie dadurch erhalten, erläutere ich Ihnen gerne in einem persönlichen Gespräch. Selbstverständlich beantworte ich Ihnen dann auch gerne alle weiteren offenen Fragen … Alles, was Sie dafür tun müssen, ist, dem Link weiter unten zu folgen und mir ein paar Fragen meinerseits zu beantworten. Ich melde mich dann zeitnah bei Ihnen.