Nadja Henrich – NH Beratung und Coaching
Menschen, Teams und Organisationen wirksam in Entwicklungs- und Veränderungsprozessen begleiten.
DIGITALES ARBEITEN UND VIRTUELLES ZUSAMMENKOMMEN HEUTE UND IN DER ZUKUNFT
IM INTERVIEW MIT FLORIAN MAYR UND MICHAEL PICKERT
Die Corona-Krise erleben viele als einen Turbo für digitales Arbeiten und virtuelles Zusammenkommen. Das was noch recht weit weg war, wurde von heute auf morgen zur Realität. Herausforderungen und Chancen zugleich! Mit Florian Mayr von id4web und Michael Pickert von der Firma Staehlin habe ich zwei Experten aus den Bereichen Internet, Webdesign und Hosting sowie Büro- und Arbeitswelten für Sie im Interview.
Nadja Henrich (NH): Lieber Florian, Du bringst knapp 20 Jahre Erfahrung aus Deiner Webagentur id4web mit. Wie erlebst Du die Situation als Unternehmer und bei Deinen Kunden?
Florian Mayr (FM): Liebe Nadja, vielen Dank für die „Einladung“ zum Interview. Als ich im April 2001 mein Unternehmen gegründet habe, war mir zunächst nicht klar, dass Wandel und Veränderung zu jeder Zeit und kontinuierlich stattfinden. Und mir war damals nicht klar, dass der Veränderungsprozess, den ich in den letzten 20 Jahren für mein Unternehmen als stetig wahrgenommen habe, prinzipiell etwas Gutes ist. Denn es ist die Chance für Verbesserung und Wachstum und Kunden wie Geschäftspartnern dadurch einen Mehrwert zu bieten. Mit „Wachsen“ meine ich übrigens das persönliche Wachstum genauso wie das Unternehmenswachstum, welche für mich untrennbar zusammengehören.
Da in der digitalen Welt vieles im stetigen Wandel ist, ist es für mich nicht viel anders als sonst. Es sind jedoch neue Ängste im Spiel. Dank eines sehr breiten Kundenspektrums sind wir relativ gut aufgestellt. Ich erlebe bei meinen Kunden alles: Von absoluter Panik bis zu Pioniergeist und Aufbruchstimmung. Die einen fahren komplett zurück und stornieren Aufträge, andere wiederum legen jetzt erst richtig los. Der momentane Wandel in meinem Unternehmen geht verstärkt in die Richtungen Consulting, Lösungsfindung, Team-Arbeit sowie schnelle und unkomplizierte Systeme auf die Beine zu stellen.
NH: Wie können sich Unternehmen und Selbstständige fit für die Zukunft machen, wenn vieles digitaler und virtueller wird?
FM: Das hängt stark vom Unternehmen und Kunden ab. Prinzipiell haben einige Unternehmen schon viel getan. Hierzu gehören das papierarme Büro oder die Verlagerung der internen Unternehmenskommunikation auf interne Social Medias und Chats, um die E-Mail-Flut einzudämmen. Bei vielen Unternehmen herrscht jedoch noch Verunsicherung, weil sie nicht wissen, wo die Daten eigentlich sind und, ob sie dort sicher sind. Ich glaube auch hier ist es wichtig, einen vertrauensvollen Ansprechpartner in diesen digitalen Fragen zu haben.
NH: Stichwort Videokonferenzen: Diese begleiten derzeit viele meiner Kunden und auch mich. Was empfiehlst Du Deinen Unternehmenskunden, auch in Bezug auf den Aspekt Sicherheit?
FM: Meine allgemeine und grundsätzliche Empfehlung ist: Offen sein und ausprobieren! Vor allem in der jetzigen Krise ist es an der Zeit, viele Dinge zu testen. Es gibt jede Menge Anbieter für Collaboration und Videokonferenz-Lösungen. Beispielsweise ist in Office 365 und Microsoft 365 das geniale Tool „Teams“ enthalten. Daneben gibt es Zoom, ein reines Videokonferenz Tool. Es geht noch einfacher mit FaceTime von Apple oder WhatsApp Videotelefonie. Eine wichtige Rolle spielt der Datenschutz und jedes Unternehmen sollte vorher klären, welche Variante – insbesondere im Hinblick auf die DSGVO – in Frage kommt.
NH: Lass uns von der aktuellen Corona-Krise weggehen. Was macht aus Deiner Sicht eine gute Website aus?
FM: Wir haben jetzt gesehen, dass Webseiten von Vorteil sind, bei denen in der Entwicklungsphase bereits eine Möglichkeit integriert wurde, schnell und wirksam auf Aktuelles wie „Betriebsurlaub“ oder „Telefonstörungen“ hinzuweisen. Genau das haben viele unserer Kunden genutzt. Das ging von angepassten Öffnungszeiten über Erreichbarkeiten bis zur vorübergehenden Schließung.
Ganz unabhängig von der Krise gibt es zahlreiche Aspekte, die eine gute Website ausmachen: Ein stabiles System, ein gutes und abgestimmtes Konzept, saubere Programmierung, Zielgruppenorientierung, klare und einfache Navigation und Zielführung. Inhalte wie Texte und Bilder sind einer der wichtigsten Punkte überhaupt. Hier gilt: Auf und mit dem Kunden abgestimmte Lösungen sind individuell und wirkungsvoll. Die Webseite muss bei den Endkunden sowie bei den Suchmaschinen wirken. Unser Credo seit fast 20 Jahren: Klare Linie und weniger ist mehr.
NH: Lieber Michael, Euer Familienunternehmen Staehlin entwickelt als ganzheitliches Einrichtungshaus seit Jahrzehnten Lösungen für moderne Büro- und Arbeitswelten. Was hat die Corona-Krise bei Euch und Euren Kunden im Business ausgelöst?
Michael Pickert (MP): In unserer Firma wurde der gesamte Arbeitsprozess innerhalb von wenigen Tagen komplett verändert. Unsere drei Bereiche Papeterie (klassischer Einzelhandel), Bürowelt (Büroorganisation, C-Artikelmanagement) und Einrichtungskultur (gewerbliche und private Raumlösungen) wurden in unterschiedlicher Form von der Krise betroffen. Das Ladengeschäft und der Einzelhandel als solches waren nur eingeschränkt möglich; digitale Vertriebskanäle mussten dadurch intensiver betrieben werden (Onlineshops). Die bekannten Abläufe waren auf einmal nicht mehr möglich. Digitale Meetings und Arbeitsmethoden wurden etwas elementar Wichtiges, um arbeitsfähig zu bleiben. Der Großteil unserer Kunden kämpft ebenfalls mit den plötzlichen Veränderungen und veränderten Arbeitsbedingungen. Flexible Arbeitswelten werden wichtiger denn je! Der Anteil an Heimarbeitsplätzen hat explosionsartig zugenommen. Die große Herausforderung ist nun, die Heimarbeit so effektiv zu gestalten wie die Arbeit im Büro und die Voraussetzungen dafür zu schaffen.
NH: Was bedeutet Homeoffice für Euch als Experten und was bringt es mit sich?
MP: Grundsätzlich unterscheiden wir zwischen Homeoffice und mobiler Arbeit. Bei der mobilen Arbeit geht es eher um die technische Voraussetzungen, um von einem nicht genau definiertem Ort aus zu arbeiten. Das Homeoffice ist mit einem festen Arbeitsplatz und den privaten Räumlichkeiten verbunden. Bei dieser Variante sollte der Arbeitgeber dem Mitarbeiter einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen, der allen rechtlichen Vorschriften entspricht und idealerweise auch die ergonomischen Aspekte erfüllt. Der Arbeitgeber stellt dafür die Ausrüstung wie Computer und das Mobiliar, sofern dieses nicht vorhanden ist. Der Arbeitnehmer muss an diesem Arbeitsplatz erreichbar sein und arbeiten. Es gilt zudem das Arbeitsschutz- und Arbeitsstättenrecht. Der Arbeitgeber prüft also auch, ob das Homeoffice den arbeitsschutzrechtlichen Standards entspricht. Wie man sieht, bringt das Homeoffice eine ganze Reihe an Konsequenzen mit sich, die es zu beachten gilt. Hier sollte der Arbeitnehmer aber auch immer ein Stück weit im Sinne des Unternehmens handeln und beispielsweise vorhandenes Mobiliar nutzen.
NH: Welche Tipps kannst Du all jenen geben, die in Zeiten wie diesen, in ihrem Homeoffice improvisieren und das Beste daraus machen müssen?
MP: Oft können kleine Hilfsmittel und Einstellungen an den Arbeitsgeräten, die Arbeit von zu Hause deutlich verbessern. So helfen Kopfhörer oder ein Terminkalender am Tisch sich bewusst zu machen, dass man aktuell in der Arbeit ist und daher auch voll fokussiert seine Aufgaben bearbeiten sollte. Grundvoraussetzung für einen effektiven und angenehmen Arbeitstag sind die richtigen Einstellungen des Mobiliars und des Stuhls. Unterstützt werden solche Grundeinstellungen durch ergonomische Bürodrehstühle oder höhenverstellbare Sitz-Stehtische. Wenn solche Tische nicht zur Verfügung stehen, können Tätigkeiten wie Telefonate oder kreative Prozesse im Stehen oder auf einem Sessel bzw. Sofa durchgeführt werden. Es werden damit nicht nur andere Muskeln beansprucht, sondern neue und kreative Denk-Prozesse durch das veränderte Arbeitsumfeld ausgelöst.Der regelmäßige Wechsel zwischen verschiedenen Arbeitspositionen hilft den Fokus immer wieder neu auf die Arbeit zu lenken.
NH: Wie siehst Du die Entwicklungen der Arbeitswelten?
MP: Das wird ein ganz spannendes Thema in den nächsten Wochen und Monaten. Viele Unternehmen, die das Arbeiten von zu Hause als „nicht möglich“ angesehen hatten, wurden innerhalb kürzester Zeit damit konfrontiert. Sie haben alle Hebel in Bewegung gesetzt, den Betrieb am Laufen zu halten. Somit stehen jetzt in vielen Unternehmen Arbeitsplätze leer. Zudem sind Konferenzräume, die im normalen Arbeitsalltag komplett ausgebucht waren, plötzlich nicht mehr belegt, weil die Meetings digital per Zoom, Skype oder Microsoft Teams stattfinden. Eine grundlegende Frage wird sein, inwieweit sich die Arbeitswelten wieder „zurückentwickeln“. Mit den aktuell nicht genutzten Flächen wie Großraumbüros und Konferenz- und Schulungsräumen entstehen auf einmal freie Flächen. Vor diesem Hintergrund könnten Unternehmen ganz andere Strukturen und Flächennutzungen umsetzen.Kostenstrukturen könnten sich grundlegend verändern und Reisetätigkeiten sind zwangsweise auf ein Minimum reduziert worden. Möglich wäre auch, eine Rückkehr zum klassischen Einzel- oder Zellenbüro, da die Auswirkung von einer solchen Pandemie oder Grippewelle dann deutlich weniger Leute betreffen würde. All diese Fragen und Thesen werden sich aber erst in ein paar Monaten oder Jahren klären lassen, wenn es wieder einen „normalen Arbeitsalltag“ gibt.
Lieber Florian, lieber Michael, ich danke Euch recht herzlich für die Einblicke in Eure Fachbereiche und die interessanten Anregungen. Vielen Dank auch für das kurzfristige Interview!
Unternehmensprofil id4web
id4web ist eine inhabergeführte Agentur mit Sitz im Allgäu. Wir betreuen Unternehmen, Selbstständige und Freiberufler aus allen Branchen im gesamten Bundesgebiet und darüber hinaus. Die Konzeptionierung und die Realisierung komplexer Webseiten auf Basis des stabilen Content Management Systems TYPO3 sind unser Kerngeschäft. Wir beraten unsere Kunden in unterschiedlichen digitalen Belangen. Wir verstehen uns als Partner auf Augenhöhe. Der Kunde steht bei id4web im Mittelpunkt: Hier sind Sie gut aufgehoben! Sie profitieren von unserer langjährigen Erfahrung sowie von der Expertise unserer Netzwerkpartner!
Florian Mayr ist ausgebildeter Webdesigner und seit 2001 Inhaber von id4web.
Unternehmensprofil Staehlin
Staehlin – Tradition & Innovation – seit 1855
Staehlin ist das führende Handels- und Dienstleistungsunternehmen für Büroarbeit mit Papeterie & Einrichtungskultur im Allgäu. Das Familienunternehmen wird bereits in der 5. & 6. Generation von Annette Pickert und ihren Söhnen Michael & Christian Pickert geführt.
Staehlin beschäftigt derzeit ca. 50 Mitarbeiter. Wir sind Mitglied der branchenführenden Einkaufs- und Marketinggenossenschaft Soennecken. Als Dienstleister & Fachhändler sehen wir unsere Aufgabe darin, zusammen mit dem Kunden nach seinen Wünschen und Bedürfnissen aus der Vielfalt der Angebote eine optimale Lösungen zu erarbeiten mit dem Ziel die Erwartungen unserer Kunden zu übertreffen.
Michael Pickert ist Prokurist, Quality Office Consultant, geprüfter Arbeitsplatzexperte (MBA) bei der Firma Staehlin.