Nadja Henrich – NH Beratung und Coaching
Menschen, Teams und Organisationen wirksam in Entwicklungs- und Veränderungsprozessen begleiten.
DAUERBRENNER: STELLENBESETZUNGEN
PERSONALENTSCHEIDUNGEN AUF EINE MÖGLICHST SICHERE STUFE STELLEN
Stellenbesetzungen sind ein Dauerbrenner in vielen Organisationen. Dieser Beitrag beschäftigt sich damit, was eine Stellenbesetzung kostet, die nicht glückt, und was Sie dagegen tun können.
Stellen wir eine einfache Rechnung anhand eines Beispielfalls auf: In einem Unternehmen verdient ein Spezialist durchschnittlich 50.000 € p.a. Die Kosten für eine Fehlbesetzung veranschlagt man vielfach mit 85 % des Jahresgehaltes, wenn der Mitarbeiter im ersten Jahr ausscheidet. Diese 85 % umfassen Aufwendungen wie Medien, Berater, Gehalt und Einarbeitung. Bei 50.000 € Jahresgehalt belaufen sich die Kosten bei einer Fehlbesetzung somit auf 42.500 €.
Gehen wir von 30 Stellenbesetzungen pro Jahr in der Gruppe Spezialisten in unserem Beispielunternehmen. Werden diese zu 80 % erfolgreich besetzt, dann haben wir 6 Fehlbesetzungen. Multipliziert mit 42.500 € Kosten pro Fehleinstellung, ergeben sich 255.000 € Kosten für Fehlbesetzungen pro Jahr. Ein stattlicher Kostenblock.
Welche Möglichkeiten bieten sich nun, um die Erfolgsquote von 80 % zu erhöhen und somit die Kosten der Fehlbesetzungen zu reduzieren?
Zunächst sollten sich die Verantwortlichen erst einmal damit auseinandersetzen, wen sie konkret suchen. Meinen Kunden stelle ich die Frage: „Was lässt den Stelleninhaber erfolgreich sein?“ Meist bekomme ich darauf keine klare oder keine einheitliche Antwort. Der Vorstand sieht es zum Beispiel anders als die zuständige Führungskraft oder HR. Klarheit muss erzielt werden, denn ohne diese kann man eine Position nicht erfolgreich besetzen. Was zeichnet den neuen Mitarbeiter fachlich und menschlich aus? Wie soll er sein, um zu der Kultur des Unternehmens zu passen? Wie lauten seine Erfolgskriterien?
Stellenausschreibungen sind prägnant und einladend zu formulieren. Ich weiß, wie hoch die Arbeitsbelastung im HR von Unternehmen ist, aber wenn Sie Bewerbern keine persönliche Kontaktmöglichkeit bieten, wie können Sie dann selbst einladend wirken und einen optimalen Erstkontakt herstellen? Sie wollen doch einen neuen Mitarbeiter gewinnen, nicht wahr? Mich persönlich stört diese weitverbreitete Anonymität in Stellenausschreibungen und Anzeigen. Dies gilt auch für Bewerber, die in ihrer Bewerbung extrem wenig über sich preisgeben und auf ein Bewerbungsfoto komplett verzichten.
Überlegen Sie sich, wie Sie den Bewerber aus unterschiedlichen Blickwinkeln kennenlernen können: Ein erstes Interview via Telefon oder Skype kann zielführend und effizient sein. Vor Ort und im finalen Bewerbungsgespräch binde ich gerne Präsentationen mit ein, mittels denen Sie dem Bewerber ein Thema aufgeben, das er im gemeinsamen Termin vorstellt. Sie lernen Menschen noch einmal anders kennen. Die Aufgabenstellung können Sie im Vorfeld oder mit Überraschungseffekt stellen. Bei der zweiten Option erfährt der Bewerber erst im Unternehmen davon und erhält hierfür Vorbereitungszeit. Hierzu stehen Moderationskoffer, Flipchart und Metaplanwand zur Verfügung. Inhalte können sein: Strategische Ausrichtung des neuen Bereichs, Führungsverständnis oder Selbstpräsentation. Natürlich hängt die Aufgabenstellung immer davon ab, wen Sie suchen, und ob sie für die Position angemessen ist.
Seit achteinhalb Jahren arbeite ich mit der Potenzialanalyse profilingvalues. Sie ist ein hervorragendes Instrument,um ein sehr präzises Bild zu den Persönlichkeitseigenschaften des Teilnehmers zu erhalten. Sie erfahren auf der einen Seite wie stark seine Fähigkeiten wie Empathie oder Praktisches Denken ausgeprägt sind (Können), und zum anderen, wie sie genutzt werden (Wollen). Mittels profilingvalues machen Sie Unsichtbares sichtbar! Mit ca. 30 Minuten Durchführungszeit ist das Verfahren sehr effizient und die soziale Erwünschtheit der Antworten ist nicht erkennbar: Der Teilnehmer kann die Ergebnisse nicht in eine „gewünschte Richtung“ lenken. Als Gegenargument höre ich sehr oft „Wir verlassen uns auf unser Bauchgefühl.“ – vor allem von erfahrenen Führungskräften und Personalern. Darin liegt ihre (einzige) Wahrheit. Diese Betrachtung ist mir zu einseitig, zu wenig professionell und nicht zu Ende gedacht. Ich möchte den Wert von Intuition keineswegs schmälern, sie ist unglaublich wertvoll und unser unbewusstes Erfahrungswissen für die Einschätzung von Menschen. Aber wie können Sie Ihre Intuition absichern? Und wie können Sie Informationen gewinnen, die eben nicht im Bewerbungsgespräch offenbart werden? Damit meine ich zum Beispiel strategische Fähigkeiten, Grundkonstitution, Belastbarkeit, Selbstwertschätzung, die Fähigkeit, die Perspektive anderer einnehmen zu können. Die Testergebnisse stellen auch die Grundlage für das nächste Interview dar. Das Unternehmen kann genau die Punkte detailliert hinterfragen, die erklärungsbedürftig sind (z. B., dass „jemand sehr stark freiheitsliebend und eigenwillig“ ist). Ein weiterer Vorteil der Ergebnisse von profilingvalues ist, dass Sie wertvolle Impulse für das Onboarding bekommen.
Ein methodengeleitetes, planvolles Vorgehen bei Einstellungsentscheidungen ermöglicht zudem eine bessere Vergleichbarkeit von Bewerbern, das Reduzieren von Messfehlern und das Erhöhen der Objektivität.
Am Ende des Feedbackgesprächs frage ich die Teilnehmer immer, wie sie profilingvalues empfunden haben. Sehr viele empfanden es als Wertschätzung ihrer Person und als besondere Möglichkeit, eine so klare Standortbestimmung im Rahmen eines Auswahlprozesses zu erhalten. Wann bekommt jemand schon mal ein so fundiertes Feedback, das Stärken würdigt, mögliche Limitierungen aufzeigt und Entwicklungsfelder transparent macht? Wir haben eine Win-win-Situation! Unternehmen stellen ihre Personalentscheidungen auf eine möglichst sichere Stufe und stärken ihre Arbeitgebermarke nachhaltig. Das Ziel einer treffsicheren Personalauswahl ist erreicht!