Im Fokus: Raus aus der Dauerbelastung

Raus aus der Dauerbelastung | NADJA HENRICH

Viele Führungskräfte und Mitarbeitende in deutschen Unternehmen teilen den Wunsch, endlich raus aus der Dauerbelastung zu kommen. Die Kombination aus erhöhtem Arbeitsdruck und knappen Ressourcen kann schließlich schnell ein gesundes Maß übersteigen. Doch wann ist es „zu viel“, wie erkenne ich das frühzeitig und wie kann ich effizient entgegensteuern? Auf diese Fragen möchte ich in diesem Praxistipp näher eingehen.

Lesedauer: 3 Minuten

Jeder von uns kennt es: das berühmte Hamsterrad. Und wahrscheinlich gerät jeder von uns in seiner beruflichen Laufbahn mal hinein. Das ist auch nicht weiter verwunderlich. Schließlich sind Arbeitsdruck und knappe Ressourcen mehr Regel als Ausnahme für Fach- und Führungskräfte. Das bringt unsere leistungsorientierte, temporeiche und sich ständig verändernde Arbeitswelt einfach mit sich.

 

Welche Gefahren Dauerbelastung birgt

Da werde ich Ihnen wahrscheinlich erstmal nichts Neues erzählen: Anhaltende Dauerbelastung kann uns bis an den Rand des Erträglichen und darüber hinaus führen. Ein erhöhtes Gesundheitsrisiko und eine hohe Fehleranfälligkeit sind unter anderem die Folge. Das Verzwickte an der Sache ist: Ein „Zuviel“ an Dauerbelastung entwickelt sich schleichend und fortlaufend. Bis es uns dann bewusst wird, ist es meist schon zu spät. Man fühlt sich in einer Sackgasse und sieht keinen Ausweg. Viele Menschen machen einfach immer weiter, bis es dann irgendwann nicht mehr geht.

Wichtig ist also, dass man das Hamsterrad schnellstmöglich wieder gegen das Steuerrad seiner eigenen beruflichen Geschicke austauscht. Doch das sagt sich so einfach … Im beruflichen Alltag kann man schließlich nicht alle Faktoren beeinflussen.

Meiner Erfahrung nach gibt es zwei Ansatzpunkte, um mit Dauerbelastung umzugehen:

  • Anzeichen von Dauerbelastung frühzeitig erkennen und einem Übermaß vorbeugen.
  • Zeitnah raus aus der Dauerbelastung, wenn sich abzeichnet, dass es zu viel wird.

 

Welche Anzeichen auf Dauerbelastung hinweisen

Wie bereits erwähnt ist Dauerbelastung nichts Ungewöhnliches, sondern vielmehr ein Normalzustand bei vielen Fach- und Führungskräften. Aber wie erkenne ich frühzeitig, dass die Belastung an eine ernst zu nehmende Grenze kommt?

Tatsächlich gibt es eine Reihe von Anzeichen, die einen dahingehenden Verdacht erhärten und bei denen man schleunigst aktiv werden sollte. Beispielsweise:

  • Sie sehen die Dinge in Ihrem beruflichen Alltag zunehmend negativ, sehen mehr die Probleme als die Lösungen.
  • Sie sind für Ihre Verhältnisse erstaunlich dünnhäutig, geraten schnell aus der Fassung.
  • Sie tun sich auch nach der Arbeit schwer damit abzuschalten, haben ggf. sogar Schlafprobleme.
  • Dinge, die Ihnen bislang leicht von der Hand gingen, sind jetzt belastend, können nicht mehr in derselben Zeit oder mit derselben Qualität geleistet werden.
  • Sie verlieren zunehmend an Energie, was außerberufliche Tätigkeiten wie Sport und Freizeit angeht.

Diese Aufzählung hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie soll lediglich vermitteln, dass es klare Anzeichen gibt, dass „etwas nicht stimmt“. Treten diese auf, kann ich nur dringend empfehlen, sie ernst zu nehmen und nach Änderungsmöglichkeiten zu suchen.

 

Raus aus der Dauerbelastung – aber wie?

Pauschal lässt sich diese Frage sicherlich nur schwer beantworten. Ich wage dennoch einen Versuch. Meiner Erfahrung nach sind vier Schritte erforderlich, um raus aus der Dauerbelastung zu kommen:

Schritt 1: Innehalten – Man könnte auch Pause oder „Stopp!“ dazu sagen. Jedenfalls ist es meiner Überzeugung nach wichtig, das Hamsterrad zumindest für einen Moment anzuhalten. Das kann durch einen ungewöhnlichen Wochenendplan oder auch durch eine kleine Auszeit in der Natur erfolgen. Unternehmungen also, die Ihnen endlich einmal die Zeit verschaffen, über die eigene Situation nachzudenken.

Schritt 2: Klarheit erlangen – Wie ich aus vielen Coaching-Sitzungen weiß, gibt es zwei Kategorien von Einflussfaktoren, die Stress verursachen und zu Dauerbelastung führen können: Faktoren, die von Ihnen selbst beeinflussbar sind und solche, die es (zunächst) nicht sind. Beeinflussbar sind beispielsweise ein überhöhter Perfektionismus, Unsicherheit, Impulsivität, ein Verharren in Mustern (siehe Boiling-Frog-Syndrom), übersteigerte Harmonieorientierung oder die Unfähigkeit, „nein“ zu sagen. Nur bedingt beeinflussbar sind dagegen zeitliche oder personelle Ressourcenknappheit, steigende Anforderungen, die Weitergabe von Druck, ungeplante Veränderungen oder überhöhte Leistungsanforderungen.

Schritt 3: Handlungsstrategien entwickeln – Zumindest einen Teil der belastenden Faktoren können Sie also direkt beeinflussen. Das ist wichtig zu erkennen, um Angriffs-, Flucht- oder Resignationstendenzen zu unterbinden und wieder eine aktiv-steuernde Rolle einzunehmen. Punkt für Punkt können Sie Ihre individuellen Störfaktoren durchdenken und Handlungsoptionen entwickeln. Entscheidend für den Erfolg kann dabei die passende Unterstützung von außen sein, denn oftmals sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht.

Schritt 4: Handlungsstrategien umsetzen – Was Sie sich erarbeitet haben, müssen Sie selbstverständlich auch in Ihren Alltag integrieren.

 

Unterstützung durch die richtigen Helfer und Helfershelfer

Mit Helfer meine ich einen Coach, mit Helfershelfer ein begleitendes Instrument zur individuellen Standortbestimmung.

Ein Coach ist deshalb so hilfreich, weil er (oder sie) Ihnen die Möglichkeit bietet, sich mit einer unabhängigen, vertrauensvollen, der Verschwiegenheit verpflichteten Person auszutauschen und alle Punkte offen anzusprechen, die Sie bewegen.

Ein begleitendes Instrument zur Standortbestimmung hilft zudem dabei, Ihre individuelle Situation objektiv greifbar und beeinflussbar zu machen. Ich arbeite mit der wertebasierten und wissenschaftlich fundierten Potenzialanalyse profilingvalues. Das Testverfahren kann Erschöpfungsfaktoren und damit zusammenhängende Auswirkungen auf Fähigkeiten und Potenziale sichtbar machen. Die Ergebnisse, die profilingvalues zutage fördert, sind persönlich erhellend und sorgen immer wieder für große AHA-Effekte.

 

Raus aus der Dauerbelastung | Nadja Henrich

 

Diese Abbildung ist ein Auszug aus einem beispielhaften Ergebnisreport der Potenzialanalyse profilingvalues. Es geht um eine junge Führungskraft, die mit einer hohen Arbeitsbelastung in ihrem Arbeitsalltag konfrontiert ist. Dargestellt werden auf dieser Seite die allgemeinen Kompetenzen und Persönlichkeitseigenschaften. Die grauen Balken bilden jeweils die Fähigkeiten bzw. das Können ab. Die rot umrandeten Rauten zeigen die gegenwärtigen Aufmerksamkeiten auf die jeweiligen Fähigkeiten und damit das Wollen auf. Die Grundstellung der Rauten liegt bei 50 % und steht prinzipiell für eine balancierte Nutzung der Fähigkeit. In den obigen Ergebnissen sehen wir u. a., dass unsere Führungskraft sehr empathisch ist und im Kontakt mit anderen vertrauensvoll, offen und nahbar ist. Mit ihrer Einfühlungsbereitschaft könnte ihre Belastung vielleicht erst mal weniger „zu Tage treten bzw. davon ablenken“. Die Belastung sehen wir sehr deutlich, wenn wir auf die Bewertung der eigenen Person und damit auf die rechte Spalte schauen. Unserer Führungskraft geht es überhaupt nicht gut, sie ist stark belastet, frustriert und kann sich selbst nur verschwommen wahrnehmen. Erschöpfungsfaktoren werden sichtbar, sie nimmt sich selbst nicht an. Darüber hinaus zeigen die jeweiligen Rauten von praktischem und strukturiertem Denken, dass unsere Führungskraft derzeit im praktischen Tun zögerlich agiert (aus welchem Grund auch immer) und, dass sie sicherheits- und detailorientiert ist (>> Mehr Informationen zu “profilingvalues”).

Die Ergebnisse mit profilingvalues und das nachfolgende Feedbackgespräch schaffen ein erstes Bewusstsein für die Belastungssituation bei der Fach- oder Führungskraft selbst. Auch wenn es die betreffenden Menschen oftmals schon geahnt haben, die Ausprägungen sind meistens doch eine Überraschung. Und nicht selten möchten viele Betroffene die Lage, in der sie sich befinden, nicht wahrhaben. Ein anschließendes Coaching eröffnet dann die Möglichkeit, um im Austausch mit dem Coach selbst Handlungsstrategien zu entwickeln, umzusetzen und sich dabei regelmäßig zu reflektieren. Sie dürfen dies keineswegs als Zeichen von Schwäche ansehen, ganz im Gegenteil. Selbstreflexion mit externer Unterstützung ist auch gegenüber HR und nächsthöheren Führungskräften ein Hinweis darauf, dass Sie den Herausforderungen der VUKA-Welt aktiv begegnen und verantwortungsvoll agieren.

 

Dauerhafte Strategien gegen dauerhafte Belastung

Grundsätzlich können unterschiedliche Punkte aufgeführt werden, um einer Dauerbelastung frühzeitig entgegenzuwirken bzw. um gelassener mit ihr umzugehen. Dazu zählen etwa:

  • Regelmäßige Selbstreflexion – Diese führt nachweislich zu mehr Klarheit, Erfolg und Glück im Beruf (siehe Praxistipp Selbstreflexion im Beruf).
  • Selbstfürsorge – Damit meine ich, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, wie wichtig es ist, für sich zu sorgen (durch richtige Ernährung, Sport, privaten Ausgleich, etc.) und dahingehend das eigene Zeitmanagement bzw. die Selbstorganisation zu hinterfragen und zu optimieren.
  • Erlernen neuer Techniken zum Stress- und Selbstmanagement – Dadurch können Sie klare Haltungsziele erarbeiten, um sich zielgerichtet und zufrieden durch den Alltag zu bewegen. Das Finden von mehr Gelassenheit könnte zum Beispiel ein Haltungsziel sein.
  • Delegieren (bei Führungsfunktion) – So können Sie Druck von den eigenen Schultern nehmen und gleichzeitig Mitarbeitende fordern und fördern, Verantwortung übertragen, Vertrauen und Wertschätzung aussprechen, etc.
  • Restrukturierung des Arbeitstags – Schon kleine „Vereinbarungen“ mit Ihnen selbst können sehr viel bewirken, z.B. das konsequente Einplanen von Pausen, sich Zeit zum Essen zu nehmen, sich zeitlich beim Lesen von E-Mails oder Surfen im Internet zu disziplinieren, etc.

Fazit: Wir können Stress und Belastung im Job nicht vermeiden. Umso wichtiger ist es, mögliche Anzeichen von Dauerbelastung frühzeitig zu erkennen und etwas dagegen zu unternehmen. Das können akute Maßnahmen sein, um raus aus der Dauerbelastung zu finden. Oder aber kontinuierliche Handlungen und Verhaltensänderungen, um neue Handlungsoptionen sowie das passende Mindset zu erlernen.

Das Ziel des Ganzen: Sie sollen mehr innere Ruhe finden, um den Anforderungen Ihres Alltags gelassener entgegentreten zu können. Wenn Sie Wege aus der Dauerbelastung finden, dann sind damit große Vorteile verknüpft: Höhere Leistungseffizienz, geringere Fehleranfälligkeit, weniger Stress, höheres Selbstbewusstsein und mehr Lebensqualität.

Brauchen Sie noch Starthilfe oder Unterstützung dabei, das Hamsterrad hinter sich zu lassen? Dann bin ich gerne für Sie da! Alles, was Sie dafür tun müssen, ist, dem Link weiter unten zu folgen und mir ein paar Fragen zu beantworten. Ich komme dann zeitnah auf Sie zu.

 

 

Bild im Beitrag: Auszug aus einem profilingvalues®-Report (Nadja Henrich)